ANNA SCHÜTTEN: Fragmente
18. März - 20. April 2023
Wie kleine Bruchstücke überlagern sich einzelne Tonspuren übereinander, verbinden sich zu einer Symbiose aus Klängen, um sich im nächsten Moment zu trennen, zu verlieren, zu pausieren, von neuem zu beginnen. Du bist eingeladen, den Tönen zu folgen, deinen Weg zu gehen durch das Haus, durch das Labyrinth. Ein idealer Zeitpunkt, ein idealer Standort, eine ideale Dauer für das Zuhören der akustischen Fragmente wird dir verwehrt. Suchen, finden, innehalten, zuhören, aushalten. Du komponierst dein Eigenes durch deine Neugierde, durch deinen Weg durch den Raum: Deine ist eine von vielen möglichen Kompositionen, kreiert in einem begehbaren Klangkörper voller Rhythmen, Patterns und akustischen
Merkwürdigkeiten.
Die im Raum gebündelten Klänge allein sind ortlos geworden, gar autark. Sie haben ihre ursprüngliche Referenz an Standort, Ursache und Zeit verloren. Vereinzelt blitzt eine Ahnung hervor, ein Gedanke, eine Erinnerung, dann ein Fragezeichen, es folgt ein neues Fragment, eine neue Spur. Allesamt sind es musikalische Elemente, abstrahiert aus Field Recordings: Das metallische Schlagen, Heben und Senken wird zum Taktgeber, die elektromagnetischen Interferenzen der Stromtrassen zum aperiodischen Dreiklang, die eigentlich unhörbare Photosynthese der Unterwasser-
pflanzen zum Leitmotiv. Es ist die Suche nach Kippmomenten zwischen ökologischen Prozessen, wirtschaftlichen Notwendigkeiten und dem Erholungs-
druck, die Anna Schütten umtreibt. Gesammelt in den letzten drei Jahren; in stehenden wie fließenden Gewässern, am Meer, an und unter den Wasserober-
flächen.
Anna Schütten hat Freie Kunst bei Prof. Leni Hoffmann an der Kunstakademie Karlsruhe und Epidemische Medien an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf studiert. Neben Gruppen- und Einzelausstellungen besteht ihre künstlerische Praxis aus interdisziplinären und kooperativen Ansätzen, 2021 etwa in Zusammenarbeit mit dem Geomar, Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel oder 2022 im spartenübergreifenden GoArtist-Projekt. Sie ist Mitbegründerin des maero ensembles und wurde 2019 als Mentee des Kunstmentorats NRW ausgewählt. In ihren Arbeiten greift sie vorgefundene Soundscapes auf und abstrahiert sie zu ortsbezogenen Installationen und Performances. Sie arbeitet unterwegs, mit Field Recordings, und ortsspezifisch am Ausstellungsort. So ist schließlich auch die Soundkomposition und räumliche Anordnung der Klänge für „Fragmente“ direkt in den Räumen der galerie januar entstanden.
Text: Sarah Lorbeer
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