MI-RYEON KIM: Das bewegliche Bild - Sein und Zeit
Mi-Ryeon Kim stellt in der galerie januar auf drei Etagen eine Auswahl ihrer seit 2003 entstandenen 1-Kanal-Videoarbeiten sowie eine
neue Videoinstallation vor. Bei den per Beamer großformatig auf die Wände projizierten Videos Der Mund, Being oder Der
Kreislauf handelt es sich um Kurzfilme von maximal 5 Minuten Spieldauer. Sie beruhen alle auf Tausenden von Handzeichnungen, welche die Künstlerin wie im Trickfilm in bewegte Bilder überführt.
Deren künstlerische Ausdruckskraft verdankt sich einer rigorosen Beschränkung auf Schwarz und Weiß und die grundlegenden zeichnerischen Mittel von Punkt, Linie und Fläche. Offensichtlich gibt es
einen Zusammenhang zwischen der elementar wirkenden Zeichensprache von Kims Videos und den in ihnen verbildlichten Themen. In Being beispielsweise sind diese auch im buchstäblichen
Sinne von elementarem Charakter, denn die Künstlerin hat dort mit ihren abstrakten Zeichenkürzeln, die sie mit einer minimalistischen, aber suggestiven Tonspur unterlegt, überzeugende Bilder der vier
Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft geschaffen.
Mit Hilfe der einfachen zeichnerischen Mittel sieht man sich in den Videos der Künstlerin anstelle einer festumrissenen Dingwelt natürlichen Prozessen des Entstehens und
Vergehens gegenüber. Sie entwirft eine Welt ständiger Verwandlung. So geht die Wellenlinie eines Mundes in den Flügelschlag eines Vogels über oder verdichten sich Regenfäden zu Baumgestalten, ehe
diese wiederum in lodernde Flammen übergehen. Mi-Ryeon Kim folgt mit dem Zeichenstift den Metamorphosen der Natur und ihrem Rhythmus sich erhebender und wieder verlierender
Kräfte: In der neuesten Videoinstallation im Erdgeschoss werden die Filmbilder statt als Rechteck auf die Wand mit dem Beamer in der Form eines Ovals von
der Decke auf den Fußboden projiziert. Der Betrachter erlebt das Geschehen in ungewohnt starker Aufsicht. Dem Oval der Filmbilder entspricht auf dem Fußboden ein formgleiches Oval aus weißem Salz,
welches sozusagen die körnig strukturierte Leinwand für die auftreffenden Lichtstrahlen des Filmes bildet.
Erstmals entstammen die Videobilder nicht den animierten Zeichnungen der Künstlerin sondern der abgefilmten Wirklichkeit. Bei den mit geringen Kamerabewegungen
aufgenommenen Bildern handelt es sich um die unspektakuläre Aufsicht auf die ruhige Oberfläche eines Teiches, in der sich das Blattwerk der am Ufer stehenden Bäume sowie dazwischen aufblitzende Zonen
des Himmels spiegeln. Mehr noch aber wird der Blick gefangen genommen von einer Anzahl dunkler Fische, die knapp unterhalb der Oberfläche schwimmen und durch diese hindurch sichtbar sind: Karpfen,
die in ihrem Hin und Her von träg-verhaltener Geschwindigkeit sind - nicht zu schnell und nicht zu langsam, so dass das Auge ihren Bewegungen ohne Anstrengungen folgen kann.
Text: Ulrich Fernkorn
Weitere Informationen zu Mi-Ryeon Kim unter www.kimmiryeon.com
Pressestimmen
"Urhütte und Wolkenkratzer", WAZ,
30.05.2007, von Werner Streletz